Ja, hat denn meine Eizelle etwas unterschrieben Unlearning exercise

Maria Christina Hilber

Ich sitze am selben Tisch. Ich verlange keine Aneignung. Keine Rück-Aneignung. Kein Nutzungsrecht. Ich lasse mir nichts absprechen. Schon gar nicht meine Existenz. Schon gar nicht mein Gesicht in diesem Spiel. Nix da. Schon gar nicht meinen Beitrag an dieser Revolution! Nichts davon. Ist ja nicht nur deine.

Ich putze diesen Tisch nicht. Ich decke ihn nicht. Wer das dann machen soll, steht wie eine verblödete Frage im Raum und in den Augen hier. Ist mir egal, wer das machen soll. Vielleicht fällt euch ja was ein? Was Schlaues? Aufstehen und selber machen zum Beispiel. Einfach alle aufstehen und mitmachen oder alle aufstehen und sich um das kümmern, was dort auf dem Tisch liegen sollte.

Die richtige Karte vielleicht. Alle Karten, die hier auf dem Tisch liegen sollten! Die richtigen Redebeiträge! Die Stimmen von denen, die euch mit ihren Körpern in diese Welt geholt haben! Auch euch! Selbstverständlich auch euch und an dieser Stelle – eure Tassen räumt ihr selbst in euren Geschirrspüler und die Geschirrspültabs kauft ihr euch selbst. Gefälligst!

Liegt einer das Talent zum Tisch abwischen denn in den Genen? Oder hat meine Eizelle etwas unterschrieben? Ist mir nicht aufgefallen, dass das kleine Eizellchen, als es nichts als verschmelzen wollte, etwas unterschrieben hat. Sowas wie einen Arbeitsvertrag! Ein Nutzungsrecht für Körper und alles, was dieser Körper dann halt noch machen kann, im daily-busy-business daheim dann.

Ist ja kein richtiger Beruf, das. Alles. Das alles ist ein Zustand. Eine Berufung, ein natürliches Konstrukt. Biologie! Die Hormone steuern alles! Du schönes Oxytocin.

Aus der Gemengelage rauskommmen
Skizze aus Magdalena, ma dai …?


Ich bleibe hier sitzen an diesem Tisch. Ich bin keine Sammlerin. Du bist kein Jäger.

Auf meinem Grabstein, das sage ich dir, da wird nicht stehen „sie war gütig und hat immer nur auf andere geschaut“ und alle können dann seufzen – was war sie nicht für ein guter Mensch. Da rollt mir keine Rührungsperle übers Gesicht, nicht eine einzige. Eine Seele von einem Menschen. Seufz. Ein Roboter sage ich! Ein Putzmaschinchen und ein Tränenlöschtüchlein, ein strahlendes Mutterblümchen hat sich jemand ausgedacht – mit dem perlweißen Waschpulver dazu!

Es waren einmal Männer an Tischen. Es haben sich Männer an Tischen versammelt und neue Weltordnungen gebaut und während sie das gemacht haben, die Männer, die von Müttern mit ihren Körpern und Träumen und ihrer Seele und ihrer Liebe in diese Welt gepresst wurden, aus diesen Körpern herausgeschnitten oder gelockt wurden mit Zangen und so weiter … diese Mütter haben diese Männer dann gleichzeitig – habe ich schon das mit dem Hintern erwähnt, mit den Tränen, mit dem Ganz-fest-halten-damit-du-dich-sicher-fühlst – diese Mütter wurden von denselben Männern dann abmontiert, haben sich paradoxerweise selbst abmontiert, hineingeschrieben in eine unsichtbare Nutzungsmaschine, Hauswirtschaftsmaschine und diese Maschine wurde nicht etwa für die Wartung bezahlt, für die Instandhaltung, für die ArbeitsKRAFT, also die Übertragung von Leben in Tätigkeit, sondern diese Mütter – die also das mit der aufrichtigen Liebe, mit der Windelpflege, das mit dem Zurückstecken und dann noch freiwillig weniger essen, verstohlen, und so weiter – diese Mütter also, die Gebärerinnen, waren dann Teil des Inventars. Wie ein Chamäleon verschmolzen sie mit Haus und Gerätschaft und sind dann, wie das Haus und die Gerätschaft und die Kinder, Teil des Besitzes dieser Männer. Ich nenne das Verrat und lege diese Karte auf den Tisch.

Verrat, woran steht neben der anderen verblödeten Frage? Verrat, an wem? Ja, da liegen sie, die Fragekarten.

Willst du DIESES Gespräch führen. Sollen wir so beginnen?

Also. Ich sitze hier am Tisch und ich stehe nicht mehr auf.

Und du, was schaust du mich so an. Du Augenroller. Augenroller. Augenroller! Der Augenroller … Wir reden jetzt ums Drumherum. Das, was ja nicht die kleinen Heinzelmännchen machen. Das waren schon immer die Heinzelfrauchen, stell dir vor. Ich soll ruhig und gelassen bleiben! Zivilisiert ein Gespräch führen. Mich nicht so aufregen.

Ich rege mich nicht auf. Ich sitze hier und stehe nicht auf.